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Rezension: Menschen mit Sterbewunsch

Beitrag von Josef Römelt CSsR, in Stimmen der Zeit, Heft 9/2022, 695

Der Autor ist Redemptorist und Professor für Moraltheologie und Ethik an der Universität Erfurt und entfernt sich in seinem Beitrag vorsichtig vom rigorosen Standpunkt des Lehramtes zum medizinisch assistierten Freitod hin zu einem Verständnis von Extremsituationen, in denen ein Mensch mit Sterbewunsch die Kommunikation mit Gott sucht. Er setzt Schwerpunkte, in dem er auf der Suche nach Menschlichkeit und Menschenwürde ist, Selbstachtung auch im Leid fordert, der Aufgabe pastoralen Handelns nachspürt, über die pastorale Begleitung der Entscheidungen sich Gedanken macht, vehement die gesellschaftliche Ausgrenzung verurteilt, Kriterien für die Begleitung formuliert und dabei die Begleitung zum Leben als Geschenk Gottes klarstellt, und Respekt vor dem Gewissensurteil des Einzelnen einfordert. Die humanwissenschaftlichen Vorbehalte gegen den assistierten Freitod sind ihm natürlich wohlbekannt und er beschränkt sich darauf, sie zu erwähnen und ihre Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit vorauszusetzen. Schlussendlich zeigt er eine neue Deutung des Gebetes um eine gute Sterbestunde auf.

Den Sinn der pastoralen Begleitung beschreibt er in der Zusammenfassung wie folgt:

- „Niemand soll hilflos sein, weil ihn Entscheidungen, die am Ende seines Lebens anstehen, überraschen und überfordern.

- Niemand soll vereinsamen, weil Partner, Eltern und Kinder oder Angehörige nicht umeinander wissen und das therapeutische Team ihn nicht versteht.

- Niemand soll sich vor den Mitmenschen im Nahbereich und in der Öffentlichkeit oder gar vor den Seelsorger*innen verstecken müssen, wenn ihn Gedanken der Erleichterung von Schmerzen und Leid durch den Tod bewegen – ja, wenn er im Gebet diese Sehnsucht als Bitte an Gott richtet.

- Und vor allem: Niemand soll mit dem Gefühl sterben müssen, von Gott und den Menschen verlassen zu sein und am Ende vom dunklen Netz der Einsamkeit, der Ohnmacht und Verlorenheit verschlungen zu werden.“

Es ist das Gebet um die Gabe der Unterscheidung in den Entscheidungen am Lebensende. Es ist ein Gebet, in dem es um die Möglichkeiten der Medizin, die Hilfen im Alltag durch Rehabilitation und soziale Versorgung, das Gespräch in der Familie und mit den Angehörigen, und um die Klärung des eigenen Gewissens vor Gott geht. Im Kern geht es um eine vielschichtige Kommunikation, der sich weder der Sterbewillige noch der*die pastorale Betreuer*in entziehen sollten und in der ausdrücklich über alles gesprochen werden sollte. Nicht zuletzt sei erwähnt, dass der Autor den Wert einer seelsorglichen Begleitung im Rahmen der katholischen Kirche an mehreren Stellen bekräftigt.

Mit seinen Ausführungen anerkennt er zwar nicht expressis verbis die Autonomie, mit der die säkulare Gesellschaft gesetzliche Regelungen für den medizinisch assistierten Freitod erzwungen hat, aber es läuft im Ergebnis daraus hinauf. Denn er sieht im Entschluss eines Menschen, sein Leben assistiert zu beenden, ein Gewissensurteil, das der Mensch vor Gott im Gebet zu klären hat und das zu respektieren ist. Vielleicht hat er auch Sterbende vor Augen oder in Erinnerung, die sich auf die Vereinigung mit Gott jenseits unseres raumzeitlichen Seins in vollem Vertrauen freuen.

Der Autor erteilt damit dem fundamentalistischen Verbot des assistierten Freitodes in der Instruktion der Glaubenskongregation Evangelium vitae 1995 eine klare Absage und folgt den Spuren der Menschlichkeit, die uns Jesus mit seinem Leben und Sterben hinterlassen hat: „Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer“, nach dem Motto: Das Gesetz ist für den Menschen da und nicht der Mensch für das Gesetz.

Für atheistische oder agnostische Menschen ist dieser Beitrag natürlich nicht anschlussfähig.

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